Sonntag, 4. März 2018

Zukunft der Arbeit und Zukunft von HR - heute: Digitalisierung und Qualifizierung

Jeden Tag ist in unzähligen Posts zu lesen, wie gewaltig es im Gebälk des „Personalwesens“ knirscht. Mir stellt sich dabei oft die Frage, ob es hier eher um den ersehnten Aufbruch oder einen befürchteten Abbruch geht. Sicher bin ich mir nur, dass es mit einem „Weiter so“ nicht klappen wird, denn die allgegenwärtigen Herausforderungen durch Agilität, Arbeit 4.0 auf der einen sowie Fachkräfteenpässe und drohenden Personalabbau auf der anderen Seite müssen von "HR" bewältigt werden. Offensichtlich ist, dass die Personaler die von ihnen angestrebte Rolle als Treiber dieser Veränderungen komplett verschlafen haben. Vielerorts werden jetzt die gleichen Fragen gestellt, ABER es gibt nur sehr wenige Antworten. Mit diesem (und in den nächsten Wochen folgenden) Post/s will ich auf ausgewählte Beispiele und Erkenntnisse eingehen, wie HR mit den aktuellen Herausforderungen umgehen kann. Dabei werde ich auf aktuelle Studien und Statements sowie auf Informationen v. a. vom IAO-Zukunftsforum (1./2. Februar 2018) in Stuttgart zurückgreifen.

Die Digitalisierung ist bei den Veränderungen auch für HR der Kernprozess schlechthin. Deshalb erstaunt es, dass viele Unternehmen hier nur sehr zögerlich agieren. Oder wie ist die folgende Lücke zu interpretieren? 87% der Führungskräfte nehmen an, dass die Digitalisierung ihre Branche betreffen wird, aber nur 44% gehen von einer ausreichenden Vorbereitung ihrer Unternehmen aus (Why Companies Don’t Respond to Digital Disruption). Zumindest einige Unternehmen setzen hier andere Zeichen. So haben 26 Firmen beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum die Initiative "Closing the Skills Gap 2020" gestartet. Durch diese Initiative sollen insgesamt ca. 8,1 Millionen Menschen zum Aufbau digitaler Kompetenzen geschult und trainiert werden.

Konkrete Anforderungen für HR ergeben sich aus Informationen zum Automatisierungspotenzial differenziert nach Berufen und Tätigkeiten.

... aber auch aus der Aussage von BITKOM, dass 3,4 Millionen Jobs in Gefahr sind. Jenseits der klassischen Maßnahmen zum Personalabbau (?) müsste es massive Anstrengungen zum Aufbau und zur Förderung digitaler Kompetenzen geben. In der Realität: Vielerorts Fehlanzeige! Sichtbar auch an folgendem Tweet.


Digitalisierung wird ohne Qualifizierung der Mitarbeiterin nicht funktionieren

Auch wenn mir der Begriff Qualifizierung nicht besonders gut gefällt, bringt das Begriffspaar Digitalisierung und Qualifizierung die aktuellen Anforderungen auf den Punkt. Ohne entsprechende Kompetenzen wird die digitale Transformation nicht gelingen. In einem aktuellen Bericht von McKinsey wird deutlich, dass für das Schließen dieser Kompetenzlücke, vor allem die Unternehmen selbst (Meinung von 64% der befragten US-Manager) und nicht die Regierungen, der Bereich Bildung oder gar die Mitarbeiter selbst verantwortlich sind. Von den Top Managern in Europa vertreten 59 % diese Meinung. Warum funktioniert dies bislang nicht? Befragt nach den Hindernissen beschreiben ein Drittel der Befragten den dringenden Bedarf an Neuorientierung und einem „Upgrade“ ihrer HR-Infrastruktur. Viele Unternehmen fragen sich auch, inwieweit sich Arbeitsaufgaben verändern und welche Talente sie in Zukunft benötigen werden. Zusammengefasst sehen die befragten Top-Manager sehen einen dringenden Bedarf „to rethink and retool their role in helping workers develop the right skills for a rapidly changing economy“.

Erfahrungsgemäß liegt der Fokus bei den entsprechenden Aktivitäten oft auf den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bereits mit digitalen Werkzeugen umgehen bzw. auf diese zugreifen können. Beim genannten Zukunftsforum herrschte Einigkeit darüber, dass es darum gehen muss, auch die weniger digital affinen bzw. gering qualifizierten Mitarbeiter mitzunehmen. Dies wird zu einer Abkehr von der Fokussierung auf formale Qualifikationen und einer Hinwendung zu konkreten Fähigkeiten führen. Viele Erfahrungen dazu konnte auf dem Zukunftsforum Dr. Ariane Reinhart, Mitglied des Vorstands der Continental AG vermitteln. Reinhart hob in diesem Zusammenhang die besonders Bedeutung der Qualifizierung und der Lernfähigkeit hervor. Nach ihrer Einschätzung kann die strategische Personalplanung dabei als ein „GPS“ fungieren. Die von Reinhart vorgestellten Konzepte - hier vor allem das „Future Skill House“ aber auch das Lebensarbeitszeitmodell - haben mich beeindruckt. In beiden Modellen finden sich lebenslanges Lernen und der gezielte Umgang mit Wissen als Basis. Beeindruckt hat mich auch die Aussage zur Reichweite der genannten Maßnahmen: Mit diesen werden bei Continental ca. 95% der Belegschaft auf allen Ebenen erreicht.
Auch Christoph Kübel von Bosch verwies in seinem Beitrag auf der Zukunftskonferenz auf die Bedeutung der Qualifizierung als Faktor für den künftigen Erfolg.

Wie aber mit den aktuellen Anforderungen an die Qualifizierung umgehen? Zum Einen sollte berücksichtigt werden, wie sich das Lernen und die Lernformen verändert haben. Dazu empfehle ich einen interessanten Post von Jochen Robes zur Zukunft des Lernens und einen Post, den ich bei Thomas Jenewein gefunden habe: „Wie lernt die Generation Z?

Zum Anderen muss es darum gehen, das Lernen weitestgehend in künftige Arbeitsformen zu integrieren. Hier liefert erneut Continental eine wichtige Anregung.

Zusammengefasst: Qualifizierung, Vermittlung relevanter Kompetenzen, Lernen, Förderung, Mitarbeiterentwicklung sind klassische und sehr aktuelle Aufgaben des Personalmanagements, die m. E. aktuell eine besondere Bedeutung besitzen und unverzichtbar sind. Die Vermittlung der relevanten Fähigkeiten (weniger formale Qualifikationen) und der Aufbau einer entsprechenden Lern-Infrastruktur dürfte den Unternehmen eine erfolgreiche digitale Transformation ermöglichen. Vielleicht ist dieser Gedanke auch als eine wichtige Ergänzung zur folgenden Zusammenstellung der Enabler digitaler Transformation zu verstehen.


Im nächsten Post wird es um Innovationen bei Führung und Arbeitsweisen gehen. Wo und wie entstehen diese? Gibt es Erfahrungen und Erkenntnisse hinsichtlich besondere Bedingungen oder der Erfolgsfaktoren?


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