Montag, 17. Oktober 2016

Wissen statt Macht - Aktuelle Erkenntnisse zu den Präferenzen von IT-Nachwuchskräften

Ist der IT-Nachwuchs einzigartig? 
Sowohl über die Besonderheiten des IT-Nachwuchses als auch über die Vertreter der Generation Y wurde und wird viel geschrieben. Mit der Neuauflage der letztjährigen Studie „get started“ wird erneut versucht, Licht in das Dunkel der Wünsche dieser besonderes Spezies zu bringen. Was erwarten die oftmals als „Nerds“ beschriebenen IT’ler von ihren ersten Arbeitgeber(n)? Was ist Ihnen bei ihrem beruflichen Einstieg oder in den ersten Jahren nach dem Studium wichtig? In bewährter Zusammenarbeit mit get-in-IT konnten im Sommer 2016 insgesamt 1050 IT-Studierende, -Auszubildende sowie Young Professionals mit erster Berufserfahrung zu den genannten Themen und - dies war 2016 neu - zu ihrer Einstellung zur Mobilität befragt werden. Im Fokus standen Fragen zur aktuellen Ausbildungs- bzw. beruflichen Situation, zur Vorgehensweise bei der Stellensuche und vor allem zu den Erwartungen an die Einstiegstätigkeit und zur persönlichen Mobilität für eine passende Stelle.

Vornweg: Get-Started 2016 bestätigt weitgehend die Ergebnisse von 2015, bringt aber auch einige neue Einblicke mit, insbesondere hinsichtlich wichtiger Faktoren der Arbeitgeberattraktivität und der Mobilität von IT-Nachwuchskräften.

IT-Nachwuchskräfte sind eine begehrte Spezies. Die Kenntnis über und die Erfüllung ihrer Erwartungen sollte den Unternehmen wichtig sein. Warum entscheidet sich eine IT-Nachwuchskraft für ein Unternehmen? Warum sollte sie sich an ein Unternehmen binden, das seine Erwartungen enttäuscht? Erneut wurde Erwartungen als zentrale Kategorie herangezogen. Diese sind das Ergebnis vorliegender Informationen über bestimmte Personen bzw. Organisationen. Da insbesondere Berufseinsteiger und Young Professionals weniger als Berufserfahrene auf konkrete Erfahrungen aus der Arbeitswelt zurückgreifen können, sind ihre Erwartungen davon abhängig, was die Unternehmen über sich und die konkreten Aufgaben kommunizieren. Nachvollziehbare Informationen bilden deshalb für Bewerber eine wichtige Entscheidungsgrundlage und können dazu beitragen, dass Mitarbeiter und Unternehmen zusammenkommen und langfristig erfolgreich zusammenarbeiten. Es ist für Unternehmen deshalb unverzichtbar, zu wissen, welche Erwartungen es gibt bzw. was die Erwartungen der hier Befragten gegenüber anderen Nachwuchskräften auszeichnet. Umgekehrt hilft ein Überblick über die Wünsche anderer den IT-Berufseinsteigern dabei, sich bei der Arbeitgeberwahl mit den eigenen Erwartungen auseinanderzusetzen. Auf diese Weise kann die Studie einen Beitrag zur Selbstreflexion auf beiden Seiten leisten und helfen, Handlungsempfehlungen abzuleiten.












Doch zu den Ergebnissen: Die große Mehrheit der Befragten schätzt auch in diesem Jahr  (90% ) ihre künftigen Berufschancen als gut oder sehr gut ein. Auch bei den Top-Attraktivitätsfaktoren der Arbeitgeber hat sich auf den Spitzenplätzen nicht viel geändert. Die Befragten bewerten gute Möglichkeiten zur fachlichen Entwicklung weiterhin als den ausschlaggebenden Faktor. Arbeitgebern muss aus diesem Grund daran gelegen sein, den jungen IT’lern breite Möglichkeiten zum Ausbau der Fachkompetenz aber auch eine ansprechende Vergütung zu bieten. Ein Blick auf die Details der diesjährigen Ergebnisse zeigt einerseits viele Übereinstimmungen mit den Ergebnissen von 2015, andererseits aber auch einige Unterscheide, die offensichtlich das Resultat sich ändernder Erwartungen sind. Hier sind die Faktoren "Nette Kollegen", "Unbefristeter Arbeitsvertrag" und “Berücksichtigung familiärer Belange” zu nennen, die deutlich an Bedeutung gewonnen haben.

Dies korrespondiert mit der wachsenden Bedeutung von Faktoren, die das Arbeitsumfeld betreffen. Hierzu zählen flexible Arbeitszeiten, positives Führungsverhalten und die Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten. Einerseits geht es den Befragten demzufolge um Stabilität (unbefristeter Arbeitsvertrag) aber andererseits auch um Flexibilität (Arbeitszeit, Home-Office, Berücksichtigung familiärer Belange). Erneut bestätigte sich die besondere Karriereorientierung der jungen IT’ler. Eine herkömmliche Karriere. d. h. Klettern auf der berühmten Leiter mit steigender Führungsverantwortung, ist den Befragten weit weniger wichtig als die Möglichkeiten zur fachlichen Entwicklung und innovatives Arbeiten. Nach wie vor scheint beim IT-Nachwuchs die Expertenlaufbahn die klassische Führungskarriere zu „schlagen“.

Get started 2016 wartet auch mit einem Novum auf: Dem Schwerpunkt berufliche Mobilität. Hierbei ging es um die Bereitschaft der Teilnehmer umzuziehen und zu täglich zu pendeln. Klar erkennbar ist: Stimmt die Aufgabe ist Mobilität für die Befragten offensichtlich kein großes Problem. Der betreffende Wohnort wird von den meisten Befragten als entweder genauso wichtig wie die Aufgabe oder sogar als weniger wichtig eingeschätzt. Ca. 40% der IT-Studierenden und über 32% der Young Professionals können es sich vorstellen, dorthin zu ziehen, wo sie den Traumjob bekommen. Auch die Bereitschaft zur Tagesmobilität erstaunt. So sind fast 30% bereit, bis zu anderthalb Stunden (je Strecke) zum Arbeitsplatz zu pendeln. Auch die Reisebereitschaft ist hoch: Für 33% der Befragten stellen regelmäßige Reisetätigkeiten kein Problem dar. Diese Zahlen zeigen, dass die befragten IT’ler nicht so immobil und ortsgebunden sind, wie es viele glauben.

Auf die Frage: "Du hast die Wahl: Ein durchschnittlicher Job in Deiner Heimat (am Wohnort) oder ein Traumjob, für den Du definitiv umziehen musst." antworteten die Befragten wie folgt.


Die Ergebnisse der Studie im Überblick: Junge IT’ler
  • sind weiterhin optimistisch: 90 % der Befragten schätzen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt gut oder sehr gut ein. 
  • möchten Experten ihres Fachs werden: Die Studie belegt: Gerade fachlichen Entwicklungsmöglichkeiten sind jungen IT-Fachkräften wichtiger denn je. Darüber hinaus wünschen sie sich ein kollegiales Umfeld, eine ansprechende Vergütung, sowie einen sicheren Arbeitsplatz und flexible Arbeitszeiten. Aber auch andere Aspekte wie positives Führungsverhalten und die Berücksichtigung familiärer Belange gewinnen – gerade bei Studierenden und Auszubildenden – an Bedeutung.
  • ziehen eine intensive Einarbeitung der frühen Übernahme von Verantwortung vor: Besonders Studierende und Auszubildende wünschen sich bei ihrem Berufseinstieg eine umfassende Betreuung und einen erfahrenen Mentor an ihrer Seite, statt von Anfang an eigenverantwortlich Projekte zu leiten. Auch wenn Young Professionals eher dazu neigen direkt berufliche Verantwortung zu übernehmen, scheint ein gezieltes Heranführen an ihre Aufgaben weithin positiv bewertet zu werden. 
  • sind bereit für ihren Traumjob zu reisen, zu pendeln und umzuziehen:
 Wenn ein Arbeitgeber die Erwartungen der IT’ler kennt und erfüllt, besteht eine ausgeprägte Bereitschaft Reisetätigkeiten zu übernehmen oder für den Traumjob umzuziehen. Von den Befragten können sich 90 % vorstellen bis zu einer Stunde pro Strecke zum Arbeitsplatz zu pendeln und 52 % in kurzen Projekteinsätzen, die eine Übernachtung in Hotels erfordern, eingesetzt zu werden. 
  • verfügen über ein anderes Karriereverständnis: Fähigkeiten weiterentwickeln und innovative Projekte umsetzen wird als der Karrierepfad empfunden. An den Aufstieg in eine klassische Führungsposition denken dabei die wenigsten. 
Erneut konnten die Teilnehmer zum Abschluss des Fragebogens, ihre Erwartungen an einen idealen Job in einem Satz formulieren. Die Aussagen bestätigen die Erkenntnisse und machen deutlich, dass die Arbeitsaufgaben Spaß machen, herausfordern und zur persönlichen Weiterentwicklung beitragen sollen. Neben der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie spielt auch Fairness eine zunehmende Rolle. In der Vielfalt der hier geäußerten Erwartungen zeigt sich eindrucksvoll, dass es den einen „Typ“ von IT-Einsteiger nicht gibt.
  • „Ich wünsche mir einen Job, zu dem ich gerne gehe und der mir das zurückgibt, was ich in ihn reinstecke, ohne meine privaten und familiären Wünsche außer Acht lassen zu müssen.“

  • „Ein Job auf den ich mich jeden Morgen beim Aufstehen freue.“ 
  • „Ich muss vom ersten Augenblick begeistert sein.“ 
  • „Wenn jeder Arbeitstag interessante und herausfordernde Aufgaben bereithält, wäre es der ideale Job.“
„Ein Job der mich fördert, mich weiterbildet und vor allem Verständnis für meine Familienplanung hat.“ 
  • „Ein faires Miteinander und die Möglichkeit der Mitgestaltung.“ 
Get started 2016 zeigt: Unternehmen, die den Erwartungen der künftigen IT-Fachkräfte entsprechen und diese Fähigkeit im Rahmen der Arbeitgeberkommunikation vermitteln können, wird die entsprechende Aufmerksamkeit der Zielgruppe gewiss sein.

Schlussfolgerungen für die potenziellen Arbeitgeber

Die Ergebnisse stellen die potenziellen Arbeitgeber vor Herausforderungen: Wie kann den Erwartungen der Zielgruppe entsprochen werden? Wie spreche ich die Zielgruppe am besten an? Wie können die notwendigen Informationen über die konkreten Erwartungen der Bewerber gewonnen werden? Und: Sind die Unternehmen wirklich auf diesen Typ des IT-Einsteigers vorbereitet? Einerseits dürfte der breite Optimismus der Zielgruppe die Kommunikation erleichtern. Andererseits bringt die Präferenz für die fachliche Entwicklung die Notwendigkeit einer entsprechend fundierten Arbeitgeberkommunikation mit sich.

Die Studie get started 2016 untermauert, dass IT-Nachwuchskräfte sehr genaue Vorstellungen von ihrer zukünftigen Tätigkeit haben. Es gibt einige Kriterien, die eine feste Basis bilden und für die Unternehmen als gesichert angesehen werden können, insbesondere wenn es darum geht, Employer Branding- oder Recruitingbudgets gezielt einzusetzen. Gute fachliche Entwicklungsmöglichkeiten, eine gezielte Einarbeitung und die Betreuung durch Paten und Mentoren sind, neben einer ansprechenden Vergütung, auch 2016 die stärksten Faktoren, wenn es um die Arbeitgeberwahl geht.

Da die Befragten recht konkrete Vorstellungen vom beruflichen Einstieg und ihrer späteren Tätigkeit artikulierten, ist es entscheidend, passende Angebote zu unterbreiten. Die Tatsache, dass sich Studierende bei ihrer Suche zum Teil stärker auf die Unternehmen fokussieren, unterstreicht die anhaltende Bedeutung eines "klugen" Employer Brandings für Studierende. Demgegenüber sollte es bei den Young Professionals eher um konkrete Informationen zu den Stellen gehen.

In Ergänzung zur fachlichen Orientierung gewinnen soziale Faktoren zunehmend an Bedeutung: Nette Kollegen, ein wertschätzendes Umfeld und auch die zunehmende Berücksichtigung familiärer Belange sind konkrete Faktoren, die bei der Wahl des zukünftigen Arbeitgebers eine immer größere Rolle spielen. Hinzu kommen Erwartungen, die einerseits auf Stabilität (unbefristeter Arbeitsvertrag) und andererseits einen flexiblen Umgang mit den Arbeitsbedingungen (v. a. hinsichtlich flexibler Arbeitszeit und Arbeitsort). Diese Faktoren können als Ankerpunkte dienen, um Employer Branding Kampagnen nachhaltiger zu gestalten. Der Themenschwerpunkt zur beruflichen Mobilität von IT-Nachwuchskräften führt zu drei wichtigen Erkenntnissen: Ein Umzug stellt kein Hindernis dar, wenn es um eine Traumstelle geht, so dass auch die „Hidden Champions” aus ländlichen Regionen mittels attraktiver Aufgaben gute Chancen im Wettbewerb um die Talente haben. Ein Großteil der IT-Einsteiger ist auch bereit, zum Arbeitsplatz zu pendeln, wobei Job-Tickets oder Fahrgemeinschaften diese Bereitschaft fördern könnten. Die junge IT-Generation ist mobil und scheint bereit zu sein, umzuziehen und auch in Projekten außerhalb der Firma eingesetzt zu werden, wenn im Gegenzug ihre fachlichen Erwartungen erfüllt werden. Wenn Jobangebote den Erwartungen entsprechen, ist der IT-Nachwuchs offensichtlich bereit, seine Komfortzone zu verlassen.

Während andere Nachwuchskräfte häufig das Aufsteigen auf der Karriereleiter an Führungspositionen und Statussymbolen festmachen, streben junge IT’ler offensichtlich den Ausbau ihrer Expertise an. Dies möchten sie über fachliche Entwicklungsmöglichkeiten und den Austausch mit Paten und Mentoren erreichen. Hier besteht für Unternehmen weiterhin das Risiko, den Begriff Karriere falsch zu interpretieren. Sie könnten bei der Zielgruppe punkten, wenn sie verdeutlichen, wie sich eine fachliche Karriere in ihrem Unternehmen realisieren lässt.

IT-Nachwuchskräfte suchen, ungeachtet ihrer optimistischen Arbeitsmarkteinschätzung und ihrer spezifischen Erwartungen letztlich den sicheren Arbeitsplatz, der ihnen ein solides Fundament für die weitere fachliche Entwicklung bietet. Die Unternehmen sollten deshalb mit einer authentischen und zielgruppengerechten Ansprache aktiv auf die IT-Nachwuchskräfte zugehen, um sich frühzeitig als zuverlässiger Partner bei der fachlichen Entwicklung zu etablieren. Beim Einstieg der jungen IT’ler sollten Unternehmen spezifische Onboarding- und Integrationsprogramme einsetzen. Weiterhin betonen die Befragten die Bedeutung einer ansprechenden Vergütung und der Umfeldbedingungen (u. a. „Nette Kollegen“). Hinzu kommen Wünsche nach einer angenehmen Arbeitsatmosphäre sowie nach Fairness und Wertschätzung. Somit wird der vielfach geäußerte Wunsch nach fachlicher Entwicklung durch Erwartungen hinsichtlich der Berücksichtigung weicher Faktoren ergänzt.

Letztlich gilt es, offensiv mit den Erwartungen der IT-Nachwuchskräfte umzugehen. Dies bedeutet, deren Erwartungen systematisch und laufend zu ermitteln sowie bei der Arbeitgeberkommunikation und der konkreten Gestaltung des Einstiegs der jungen IT’ler zu berücksichtigen.






















Die Studie „Get started 2016“ ist unter dem folgenden Link erhältlich.


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