Freitag, 17. Mai 2013

Moderne Personalinstrumente und ihre Anwendung: Mehr Last oder Segen?

Die Gespräche im Vorfeld des HR Innovation Days 2013 gehen weiter. Mein nächster Gesprächspartner ist Herr Manuel Seyffert. Er hat die Aufgabe übernommen, einen Beitrag zu einem klassischen Personalthema einzubringen. Das Thema lautet “Verhakt oder verzahnt – Wie greifen moderne Personalinstrumente ineinander?”

Wald: Schön, dass es mit einem Gespräch im Vorfeld des HR Innovation Day 2013 klappt.
Seyffert: Gern. Ich freue mich, bereits im Vorfeld einige Gedanken zum Thema moderne Personalinstrumente einbringen zu können.

Wald: Sie haben eine schwere Aufgabe. Sie vertreten im Vergleich zu den Beiträgen zu Social Media Themen die klassische Personalarbeit. Warum sollte hier auch über moderne Personalinstrumente gesprochen werden?
Seyffert: Sie sehen es ja bereits an Ihrer Fragestellung: Sie verwenden die Begriffe "klassisch" und "modern" im selben Zusammenhang. Warum ist das so? Nun, tatsächlich denke ich, dass wir über etwas zeitloses sprechen. Die vielerorts - auch von mir - diskutierten "2.0"-Themen sind das was derzeit das Umfeld und die Kommunikationskanäle bestimmt, auch für HR. Das ändert aber weder etwas am Kernauftrag von HR; noch an der Psychologie des Menschen. Und Personalinstrumente setzen ja genau da an: Sie haben unter Berücksichtigung der Psychologie des Menschen den Kernauftrag von HR zu erfüllen.

Wald: Wo sehen Sie aktuelle Schwerpunkte bei der Entwicklung und Einführung moderner Personalinstrumente? Gibt es hier Zusammenhänge mit den Begriffen "verhakt" oder "verzahnt"?
Seyffert: Natürlich ist "Verzahnung" das was gewollt ist. Das was im Recruiting passiert, soll sich logisch in der Personalentwicklung fortsetzen, um so die Kompetenzen des Unternehmens insgesamt strategisch zu entwickeln. Das was wir in Zielvereinbarungen abbilden, soll sich in Vergütungssystemen niederschlagen, damit inhaltliche Ausrichtung und motivationaler Anreiz in dieselbe Richtung laufen. Das leuchtet einerseits sofort ein - und doch sehen wir an zahlreichen Beispielen, dass es gar nicht so einfach ist, das Gewollte herzustellen. Hier stehen all zu oft althergebrachte Besitzstände, Angst vor Veränderungen oder auch Bequemlickeit dem Anspruch im Weg, die Dinge wie aus einem Guss zu gestalten. Und überall dort wo bei der Umsetzung zuviele Kompromisse gemacht werden, verkehren sich die gewollten Effekt gern ins Gegenteil. Was nutzen uns kompetenz-basierte Entwicklungspläne, wenn sich der Fortschritt in den Gehaltsgruppen - tariflich bedingt - quasi von selbst durch die Verweildauer im Unternehmen ergibt? Variable Vergütungen machen nur dann Sinn, wenn Zielvereinbarungen existieren - was nicht überall der Fall ist. Und Beurteilungssysteme werden nur dann wirksam sein können, wenn sich die darin abgebildeten Kriterien in der Personalentwicklung wiederfinden. Das sind nur einige Beispiele - viele Unternehmen sind derzeit auf dem Weg und auf der Suche nach der Verzahnung. Aber es gibt eben auch genügend Widerstände, Widersprüchlichkeiten und kompromissbehaftete Lösungen bei denen es dann doch eher "hakt".

Wald: Wie schätzen Sie die Rolle des Personalmanagements derzeitig ein? Oder anders gefragt: Gibt es mehr Business Partner oder doch zu viele Administrative Experten in den Personalbereichen?
Seyffert: Persönlich glaube ich, dass die handelnden Personen gedanklich und im eigenen Anspruch weiter sind als es ihr Arbeitsalltag vermuten ließe. Mit anderen Worten - die HR Funktion heute ist nach wie vor zu administrativ geprägt; zumindest was die zeitliche Auslastung der Personaler betrifft. Das liegt meines Erachtens nach vor allem an einer fehlenden HR IT-Strategie; HR ist hier als Funktion anderen Bereichen wie z. B. Finance oder Sales noch deutlich zögerlicher, was die Integration von Daten in ganzheitliche HR IT-Prozesse betrifft. Das hat automatisch administrativen Aufwand zur Folge, der die Funktion zu stark belegt. Aber nochmal: Das Bewusstsein für den notwendigen Wandel zum Business Partner ist da. Und nun noch eine Bemerkung zum "HR Business Partner". So modern dieser Begriff ist, so unscharf ist die Definition des Inhaltes; wir finden unter diesem Label sowohl echte HR-Strategen an der Seite von Vorständen die tatsächlich, angelehnt an perspektivische Veränderungen des Unternehmens, die Architektur der Personalarbeit anpassen. Jedoch finden wir ebenso Personalreferenten, die zwar einen dedizierten Business-Bereich betreuen, jedoch mit einem genaueren Blick finden wir hier eine Variante von "one-face-to-the-customer" - mit einem administrativen Aufgabenpaket. Wenn es nach mir ginge: Ich wünsche mir für den Bereich HR eine Art Renaissance, eine Rückbesinnung und Wiederfreilegen von den Werten und Inhalten, die die Funktion in den letzten Jahren nach vorne gebracht hat. Das war eine gute Entwicklung! Derzeit jedoch wird die Entwicklungsdiskussion von zwei Dingen geprägt: einerseits wird mehr und mehr über die Involvierung von HR in die Wertschöpfung des Unternehmens diskutiert; andererseits sehen wir eine gewisse Experimentierfreudigkeit was die Nutzung von neuen Technologien und Plattformen betrifft. Für beides gilt: Wir müssen diese Diskussionen so führen, um einerseits modern zu bleiben/werden und andererseits auch am Unternehmenszweck dranbleiben zu können. Aber: wir dürfen mit diesen Diskussionen nicht den Kernauftrag der Funktion zudecken, denn der ist nach wie vor derselbe: Dem Unternehmen die notwendigen Kompetenzen zu verschaffen, die es braucht um erfolgreich zu sein.

Wald: Am HR Innovation Day werde auch Studierende teilnehmen, die bewusst den Schwerpunkt Personal gewählt haben. Was können Sie diesen Studierenden empfehlen, damit es mit dem Einstieg im Bereich HR klappt?
Seyffert: Erstens: Ganz klassische Antwort: Unbedingt versuchen bereits während des Studiums Praktika zu machen. Da scheint es derzeit auch viele Angebote zu geben wenn man den Jobbörsen trauen kann. Zweitens: Immer "out of the box" denken. Also bei allen HR-Tätigkeiten gedanklich den Brückenschlag vom Inhalt der Handlung zur Wertschöpfung des Unternehmens machen. Dazu brauche ich natürlich Erfahrungen aus dem Alltag, also Praktika. Mir hat es immer geholfen zu verstehen, womit ein Unternehmen Geld verdient. Drittens: Seien Sie sich bewusst, dass HR eine Management-Funktion ist. Ich warne vor einem verklärten Blick auf die Funktion als eine, die sich um die Menschen kümmert. Das tun wir natürlich, und selbstverständlich mit gewissen Wertvorstellungen und einer HR-Business-Ethik. Dennoch steht hinter der HR-Arbeit immer auch eine unternehmerische Mission.

Wald: Ein Frage zum Schluss. Warum nehmen Sie am HR Innovation Day teil?
Seyffert: Ganz einfach: Weil mir solche Veranstaltungen immer großen Spaß machen, weil man auf Gleichgesinnte trifft, Anregungen mitnimmt und spannende Menschen kennen lernt.

Wald: Herzlichen Dank für das Gespräch. Ich freue mich sehr auf Ihren Beitrag und die Diskussionen zum Themenfeld Personalinstrumente.

Mein Gesprächpartner Manuel Seyffert ist Diplom-Psycho- loge mit Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsycho- logie. Sein beruflicher Werdegang führte ihn von Kienbaum (HR Management Consulting) zu Dell, wo er zuletzt die Personalleitung für Deutschland verantwortete. Heute berät die von Manuel Seyffert gegründete HR CSS GmbH Unter- nehmen im Bereich HR Management, HR Prozesse und Change Management und unterstützt diese u. a. dabei, das Personalmanagement in effektiven IT-Prozessen abzubilden.



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